
Der Referent, Dr. Roland Kunz, Chefarzt Geriatrie / Palliative Care im Spital Affoltern a.A. und Co-Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Palliative Care gab
der grossen Zuhörerschaft im Saal des Roten Turmes in Baden auf sehr humane und praxisbezogene Weise Einblick in ein Gebiet, welches wir gerne ausschliessen möchten aus
unserem Leben. Wir haben weniger Angst vor dem Tod als vor dem Sterben.
Den plötzliche Tod oder einen Abschied nach kurzer Krankheit wünschen sich 93% der Menschen, aber nur 10% sterben von einem Moment auf den andern. Das Sterben heute geschieht bei
weniger als 20% zu Hause, es wird an die Institutionen delegiert, denn die meisten erhoffen sich nochmals eine Chance. Maximaltherapien und Anti-Aging Werbung helfen uns, den für
uns alle unausweichlichen Tod zu verdrängen.
Drei Viertel möchten gemäss einer Umfrage am liebsten zu Hause sterben. Bei uns wird jedoch das soziale Netz immer kleiner. Kinder und Angehörige wohnen vermehrt weit entfernt.
Ein tragendes Beziehungsnetz mit Hausarzt, Spitex, Familie, Freunden, Freiwilligen und Nachbarn aufzubauen, ist sehr wichtig.
Palliative Care ist mehr als eine medizinische Behandlung, sie ist umfassend mit Pflege und Begleitung und hat das Ziel, nicht die Krankheit zu heilen sondern das Leiden zu
erleichtern und die Lebensqualität zu fördern.
Was ist Lebensqualität, fragt Dr. Roland Kunz? Das kann nicht medizinisch definiert werden. Jeder hat andere Bedürfnisse und Wünsche. Je besser ein Patient die Erwartungen an
die Realität anpassen kann, desto höher wird auch seine Lebensqualität. Er braucht eine offene Information über seine Diagnose und Prognose, über die Chancen, Grenzen und
Belastungen weiterer Behandlungen und die Möglichkeiten von Palliative Care. Diese Entscheidungen erfordern den Mut, Verantwortung für sein eigenes Leben zu übernehmen. Mit
einer Patientenverfügung kann er seine Werthaltungen verbindlich festhalten und damit seine Angehörigen von einer grossen Verantwortung entlasten. Die Kommunikation in der
Familie ist sehr wichtig; über das Sterben reden und Fragen aushalten können.
In einer Befragung von schwerkranken Patienten und ihren Angehörigen, was für sie wichtig sei, wurden nebst optimaler Schmerz- und Symptomkontrolle die klare, informierte
Entscheidungsfindung, die Vorbereitung des Lebensendes mit Ruhe und Zeit für eine Lebensbilanz sowie die Respektierung als ganze Person genannt. Das seien genau die Inhalte
von Palliative Care, so Kunz.
Es gibt Palliativstationen oder Palliative Care Teams, die zu Hause oder im Pflegeheim das Betreuungsnetz unterstützen. Solche Angebote sind regional unterschiedlich etabliert.
Im Aargau gibt es zwei Hospize, eines in Brugg und ein anderes im Reusspark in Niederwil. Im Kantonspital Baden ist eine Pallitativstation in Planung. Informationen können
unter
www.palliative.ch eingeholt werden.
Literatur: Borasio, Gian Domenico «Über das Sterben«, 7. Auflage, 2012, Verlag C.H.Beck oHG.
In Gesprächen beim abschliessenden Apéro bot sich Gelegenheit, das nicht leichtgewichtige Thema etwas aufzulockern.
Nächste Senioren-Arena: 18. November 2013 zum Thema Erwachsenenschutzrecht.
Alexandra Zihlmann